WRITING CHANGE

In The Gifted Dark

16.7.2024, 19:30

Kuppelhalle | 9/7 € Tickets

Writing Change präsentiert vier Dichter:innen, die als trailblazer in ihren Sprachräumen ganz eigene, neue und dabei sehr unterschiedliche Wege des Ausdrucks suchen:

Nina Dragičević (geboren 1984 in Novo mesto) ist eine experimentelle slowenische Dichterin, Essayistin und Klangkünstlerin. Bekannt wurde sie mit ihrem Langgedicht „Ljubav reče greva“ (Škuc 2019, etwa: Liebe sagt, komm wir gehen). Zuletzt erschienen die Lyrikbände „To telo, pokončno“ (Škuc 2021, zu Deutsch etwa: Dieser Körper, aufrecht) und „Ampak, kdo?“ (Škuc 2023, zu Deutsch etwa: Aber, wer?). In Dragičevićs Texten, die beharrlich um Fragen nach Identität und den menschlichen Körper kreisen, findet sich ein atemloses Sprechen, das die Leser:innen in einer interpunktionslosen Satzfolge von Marlen Haushofer, über Virginia Woolf zu Sam Shephard und Jessica Lange führt. Die Verse werden getragen von dieser einzigen Bewegung, die in rasantem Tempo durch ein Ganzes geht, wie ein Diktat aus dem Unbewussten:  „einen körper ersinnen  also einen horizont / ein kaleidoskopisches spektrum potential / augenblick der parallaxen  alles trifft sich irgendwo / supragravitationsplateau / gefaltet und gleitend / doch nichts mit dem weltall den universen und / ähnlichen pauschalen wünsche nach entfremdung / nicht mit nichts  und niemandem  doch erst dann / ihn wegen ihnen und gegen sie ersinnen / solle es ruhig zum kampf kommen“

Kirils Ēcis (geboren 2000 in Riga) schreibt auf Lettisch und English, er lebt in Wien und Riga. In seiner künstlerischen Arbeit überschreitet er Gattungsgrenzen, indem er Sprache mit Sound, Video und Skulptur verbindet. Eine Auswahl seiner Gedichte ist in einer Anthologie für junge lettische Dichtung erschienen: „Kā pārvarēt niezi galvaskausā“ (Valters Dakša, 2020, zu Deutsch etwa: Wie man das Jucken im Schädel überwindet). Ēcis‘ Gedichte erzählen auf trügerisch beiläufige Weise von der vergeblichen Suche nach einer Dachgeschosswohnung, in der ein Wasserhahn zu klassischer Musik tropft, tropft, tropft, von der Enttäuschung eines Ornithologen oder von Dummköpfen, die in Teichen nach der Quelle ihrer schwerfälligen Nebensätze suchen. Mit den Mitteln einer unaufdringlichen Traumlogik werden die Leser:innen unbemerkt auf Abwege geführt. „haben sie dir nicht gesagt / wenn du dich verirrst / summe ein lied / wiederhole / wenn ich mich verirre summe ich ein lied“.

Kim Hyuns (geboren 1980 in Cheorwon) Debüt „Glory Hole“, das 2014 im Original erschien, ist die erste offen queere Gedichtsammlung Südkoreas, „a remarkable, first-of-its-kind achievement built upon extraordinary gay sensibility“ (Park Sang Soo). Berühmt wurde der Band über die Landesgrenzen hinaus durch die Übersetzung ins Englische von Suhyun J. Ahn und Archana Madhavan (Seagull Books 2022) im Rahmen der kuratierten Pride List-Reihe, die internationale queere Literatur einem breiteren Publikum zugänglich macht. Die 51 Prosa-Gedichte des Bandes sind ein wilder Mix aus Fanfiction, dystopischem Sci-Fi und annotierter Pornografie, angereichert mit labyrinthischen Wortspielen und metatextuellen Verweisen, die ins Nirgendwo führen. Es gibt Gastaufritte von den Merry Pranksters, von Yukio Mishima, James Franco, Cate Blanchett und Montgomery Clift.

Ásta Fanney Sigurðardóttir (geboren 1987 in Reykjavik) ist Dichterin, bildende Künstlerin, Komponisitin und als Sängerin Mitglied des Elecro-Pop-Trios aiYa. Außerdem ist sie die Gründerin des experimentellen Poesiefestivals Suttungur. Ihr Debüt „Eilífðarnón“ erschien 2019 und ist mittlerweile ins Schwedische, Englische und Deutsche übersetzt: Der 2022 im Elif Verlag erschienene Band trägt den Titel „Ewigzeit“ (deutsche Übersetzung: Jón Thor Gíslason und Wolfgang Schiffer). Sigurðardóttirs Gedichte sind angelegt als mystisches Roadmovie durch Raum und Zeit, angesiedelt zwischen Schlafen und Wachen. Sie selbst sagt über „Ewigzeit“, es gehe darin um die Kunst des Seins an sich, darum, in eine Falle zu tappen, zwischen Vergangenheit und Zukunft festzustecken. Und der Autor Eiríkur Örn Norðdahl schreibt: „Eilífðarnón“ ist ein instant-classic der isländischen Avantgarde.“

 

Moderation: Ricardo Domeneck

Die Veranstaltung wird englisch-deutsch gedolmetscht. Mit freundlicher Unterstützung von ECHOO Konferenzdolmetschen

Projektleitung: Timo Berger

Icelandic Literature Center, Latvian Literature, Literature Translation Institute Korea, Slowenisches Kulturzentrum SKICA Berlin sowiedie europäische Poesieplattform Versopolis, gefördert durch das Creative Europe Programm der Europäischen Union. Das poesiefestival berlin ist ein Projekt des Haus für Poesie in Kooperation mit dem silent green Kulturquartier und der Akademie der Künste und wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.