12.6.25
17:30
Poesiegespräch mit Ingo Jesen Vitman Öri & Verity Spott
this grand impossible morning
Es treffen zwei Dichter:innen aufeinander, die in ihrem Schreiben einen bewussten Bruch mit binären und konventionellen gesellschaftlichen Kategorien vollziehen und die ihr konstantes Hinterfragen von Normen als künstlerische Strategie mit queerer Erfahrung verbinden.
Ingo Jesen Vitman Öri ist der erste trans Mann, der in Slowenien einen Gedichtband veröffentlichte. Das Buch trägt den Titel Sin svoje roke (Škuc 2024), was so viel wie Sohn der eigenen Hand bedeutet. Die Kritikerin Hana Samec Sekereš schreibt, das grundlegende Bindemittel der Sammlung sei die Liebe, und zwar verstanden als Freundschaft, als ein Band zwischen Menschen, das einen sicheren Raum erschaffe, gerade auch im andauernden Konflikt mit rechtsextremen Jugendlichen und homophoben Familienmitgliedern. Die Gedichte, die Öri liest, stammen aus diesem Debüt, es sind Texte - immer geschrieben nah am eigenen Körper - eines manchmal verzweifelten Flaneurs. Es geht um das Luftausgehen in der Wochenmitte, Sich-Selbst-Marinieren im eigenen Zorn, um Grillen in der Dunkelheit von Ljubljana, Farn auf den Straßen und jene kleinen Stolperer, die dem Gedicht seinen Takt geben, bis der letzte Stolperer zum Textanfang zurückführt. Hier ist die ganze Welt manchmal ein Parkplatz zwischen Kongresszentrum und Schauspielhaus. Öri berichtet vom allmählichen Löschen der Lichter im Haus, vom Mandelzählen und vom Wärmen mit einem Bügeleisen, und er beschreibt, wie es ist, ein ewiges Schaf für rauchende Hirten zu sein. Am Ende steht die Erkenntnis, dass es ohne Transgression auch das Heilige nicht gäbe.
Verity Spott (geboren 1987 in Manchester) ist Dichter:in, Blogger:in, Musiker:in und Verleger:in des unabhängigen Verlags Iodine Press und organisiert die monatliche Veranstaltungsreihe Horseplay, die Poesie und Musik miteinander verbindet. Außerdem betreibt Spottden Blog Two Torn Halves. In der schriftstellerischen Arbeit greift Spott häufig auf Erfahrungen aus der Tätigkeit in sozialen Bereichen wie der Behinderten- und Obdachlosenhilfe zurück, daher rührt auch ein politisches Engagement im ganz praktischen Sinne. Problematisiert wird in den Texten das cis-normative Narrativ vom Übergang, das der Trans*-Gemeinde auferlegt wird, gleichzeitig wird ein Plädoyer abgelegt für eine selbstbewusste Position des Widerstands. Ästhetisch steht Spott der experimentellen Cambridge School näher als jener anderen Tradition, in der sich Dichter wie Philip Larkin oder Ted Hughes bewegen. Die Einflüsse speisen sich aus den unterschiedlichsten Quellen, genannt werden Stimmen wie Keston Sutherland, Frances Kruk oder Anna Mendelssohn. In den jüngsten Büchern übersetzte Spott Fragmente von Sappho und nahm sich der Form des Sonetts an. Das Buch Hopelesness aus dem Jahr 2020 gilt schon jetzt als einer der wichtigsten britischen Gedichtbände der letzten Jahre. Verity Spott liest an diesem Tag Aubaden, moderne, lichtgeflutete Taglieder, die, wie auch die Gedichte von Ingo Vitman Öri, eigens für diese Veranstaltung übersetzt wurden.
Ingo Jesen Vitman Öri & Verity Spott im Gespräch mit Biba Oskar Nass
Die Veranstaltung wird englisch-deutsch gedolmetscht. Mit freundlicher Unterstützung von ECHOO Konferenzdolmetschen.
Gefördert durch: Slowenisches Kulturzentrum SKICA Berlin
Die Veranstaltung findet im Atelierraum statt.
- Verity Spott • Ingo Jesen Vitman Öri
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Ort:
silent green
Gerichtstraße 35, 13347 Berlin
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Eintritt:
9/7 €
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