• 11.6.2023, 19:30
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Kim Hyesoons (geboren 1955 in Uljin, Kyŏngsangbuk-do, Südkorea) Rede zur Poesie setzt ein mit einer Erinnerung an die letzten Tage der vierten Republik (1972-1979). Es war eine Zeit des wirtschaftlichen Aufstiegs und der staatlichen Repression in Südkorea. Kim Hyesoon arbeitete als Verlagslektorin und wurde wiederholt Zeugin der staatlichen Zensur. Man verbot Bücher oder schwärzte einzelne Passagen, die als anstößig galten, mit Kohlenteer. Kim Hyesoon saß damals im Publikum, als ein vollständig zensiertes Theaterstück ohne Text aufgeführt wurde. Aus dieser Erfahrung, dem Sterben der Zunge vor dem tatsächlichen Tod, entwickelt sie eine Poetik des eigenen Schreibens im Zeichen der Abwesenheit. Für Kim Hyesoon verbinden Dichter:innen sich mit ihren Toden, verwenden der Sprache vorausgehende Geisterstimmen, die in der Lage sind, andere Stimmen und Laute in sich aufzunehmen. In Kim Hyesoon Lyrik entsteht so ein reiches Register zwischen Schweigen, Seufzen, Schreien und Stöhnen. Die Lektüre eines Gedichtes hingegen wird zum Einatmen von Geistern, versetzt Leser:innen in einen Zustand des Besessen-Seins.
Kim Hyesoon hält die Rede auf Koreanisch.
„Tongueless Mother Tongue“ erscheint zur Veranstaltung auf Koreanisch, Deutsch (übersetzt von Simone Kornappel) und Englisch (übersetzt von Helen Cho) im Wallstein Verlag (13,90€). Deutschlandfunk Kultur sendet einen Mitschnitt der Rede.
Projektleitung: Matthias Kniep
Mit Hyesoon, Kim
Koreanisches Kulturzentrum. Das poesiefestival berlin ist ein Projekt des Haus für Poesie in Kooperation mit der Akademie der Künste und wird gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.